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Landrat von Coels von der Brügghen 1884-1899

Dr. Franz Freiherr von Coels von der Brügghen

Dr. Franz Freiherr von Coels von der Brügghen

 

* 27. Januar 1858 Aachen +8. Oktober 1945 Bückeburg

 

Gymnasium in Aachen, Reifeprüfung 1874,

Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Bonn, Leipzig und Berlin

24.10.1877 Gerichtsreferendar,

10.12.1879 Regierungsreferendar,
20.7.1882 Regassistent bei der Regierung in Breslau,

30.12.1882 kommissarischer Landrat in Aachen

4.1.1883 Amtsübernahme, 30.10.1883 Präsentationswahl, 14.1.1884 definitive Bestallung 1.4.1899 Oberpräsidialrat bei dem Oberpräsidium der Rheinprovinz in Koblenz

(Bestallung 27.3.),

26.3.1903 Regierungspräsident in Arnsberg (Bestallung zum 1.4.),7.4. Amtseinführung,

29.6.1907 Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amt, 1918 in den Ruhestand versetzt.

 

Landrat des Landkreises Aachen 14.01.1884 bis 31.03.1899

 

Besonderheiten:

In den letzten Monaten der Amtsführung durch Landrat Hasenclever stellte sich für den Oberpräsidenten der Rheinprovinz in Koblenz die Frage nach einem geeigneten Nachfolger. In einem Brief klagte er beim Innenminister in Berlin darüber, dass im Landkreis Aachen nur wenige „notable Grundbesitzer“ zu finden seien und bisher kein geeigneter Nachfolger  genannt worden sei. Dies änderte sich jedoch in den nächsten Wochen und am 04. Januar 1883 konnte der gerade 25jährige Franz Josef Ignaz Eugen Anton Hubert Maria Freiherr von Coels von der Brügghen für das Amt gewonnen werden. Von Coels entstammte einem alten katholischen niederländischen Adelsgeschlecht und kam aus einer Beamtenfamilie. Obwohl von Coels zunächst den nötigen Grundbesitz, als Voraussetzung für die Wählbarkeit zum Landrat, nicht vorweisen konnte, ihm sein Vater aber schließlich das nötige Eigentum übertrug, genoss er in seinem Umfeld großes Ansehen. Der Oberpräsident der Rheinprovinz hielt ihn für einen „überaus fähigen Beamten“ und behielt mit dieser Einschätzung, wie sich im Verlauf der Dienstjahre zeigen sollte, Recht. Jedoch fehlte es dem Landrat in den ersten Jahren an Möglichkeiten sein Umfeld wirksam verändern zu können. Zwar erhielt der Landkreis mit der Einführung des Jagdpolizeigesetzes im März 1850 erste laufende Einnahmen aus Jagdscheingebühren und damit auch das Recht ein eigenes Vermögen zu generieren, die Gestaltungsmöglichkeiten des Landrates blieben aber relativ gering. Dies änderte sich erst mit Inkrafttreten der neuen Kreisordnung am 30. Mai 1887. Über zehn Jahre hatte es gedauert bis die Änderung des Kreisverfassungsrechts auch für die Rheinprovinz zum geltenden Recht wurde. Endlich bekamen die Landkreise die Steuerhoheit und damit die Möglichkeit eine „Kreisumlage“ zu erheben. Zusammen mit den deutlichen Einnahmeverbesserungen durch die lex Hüne, die ab März 1885 den Stadt- und Landkreisen in Preußen Überschüsse an Reichsgetreide- und Viehzöllen zuerkannte, verbesserten sich die Finanzmöglichkeiten spürbar. Auch die Aufgaben des Landrates wandelten sich mit der neuen Kreisordnung, zwar blieb er Staatsbeamter, aber er und der Kreistag erhielten ein wenig kommunale Selbstbestimmung. Der Auftrag im Namen des Staates zu handeln rückte etwas in den Hintergrund, während die kreiskommunale Seite vermehrt in den Vordergrund trat. Der Landrat führte nun die Kommunalaufsicht über die Landgemeinden im Kreisgebiet, während die Aufsicht über die Städte beim Aachener Regierungspräsidenten verblieb. An der ständischen Zusammensetzung der Kreisversammlung änderte sich freilich nichts. Die neuen finanziellen Möglichkeiten gepaart mit der Tatkraft und Weitsicht des jungen Landrates führten zu ersten planerischen- und gestalterischen Tätigkeiten des Landkreises Aachen, die teilweise bis heute Bestand haben. Bereits 1884 griff Landrat von Coels mit Überzeugung die Überlegungen zur Gründung einer Darlehnskasse (Kreissparkasse) für die Bewohner des Landkreises auf, die noch von seinem Vorgänger Hasenclever negativ beurteilt worden waren. Wie in anderen Landkreisen Preußens wurde die Kreis-Darlehenskasse gegründet um „den kleinen Ackerwirthen, Handwerkern, überhaupt allen Kreisen von Handarbeitern Gelegenheit zu geben […] kleine Darlehen gegen gewöhnliche Zinsen zu erhalten“. Zwei Monate nach Eröffnung der Kasse, die ihren Sitz in der Stadt Aachen hatte, am 3. Juni 1885, wurde das erste Darlehen an einen Bürger aus Höngen verbucht. 1895 wurde die bisherige Darlehnskasse des Landkreises Aachen in eine Spar- und Darlehnskasse umgewandelt und erhielt ihre Kassenstelle im neu errichteten Landratsamt in der Zollernstraße. Der Grundstein für das neue Landratsamt an der Zollernstraße 10 wurde 1890 gelegt. Da man sich mit der Zollernstraße für einen Standort im Stadtgebiet Burtscheid entschieden hatte, lag das Kreishaus seit der Gründung des Landkreises nun erstmalig im Gebiet des Landkreises Aachen, während es seit 1816 immer im Aachener Stadtgebiet gelegen hatte. Einstimmig hatte sich der Kreistag in zwei Sitzungen im Winter 1889/90 dafür ausgesprochen ein eigenes Haus zu bauen, in dem dann auch genügend Platz für die Verwaltung und das Abhalten von Sitzungen vorhanden war. Zuvor hatte es eine räumliche Trennung gegeben, während die Sitzungen des Kreistages im Burtscheider Rathaus (heute Burtscheider Makt 1) abgehalten wurden, war die Verwaltung in einem angemieteten Aachener Haus untergebracht. Das neue Kreishaus entstand an der bisher noch unbebauten Zollernstraße. Das Gelände hatte man von der Gasgesellschaft gekauft und den Burtscheider Architekten Eduard Linse (1848-1902) mit Planung und Bauleitung beauftragt. Das Kreishaus war Ausdruck eines erstarkenden Selbstbewusstseins des Landkreises und seiner Beschäftigen. Die Einweihung am 20. April 1892 wurde ein großes Ereignis. Bei allen Bemühungen um ein eigenes Kreishaus verlor Landrat von Coels nicht den Blick für soziale Themen wie der öffentlichen Altersfürsorge.  So erreichte es der Landrat, dass der Kreistag am 22. Oktober 1890 den Beschluss „zur Einrichtung eines Kreisarmenhauses“ in Eschweiler fasste. Man entschied sich wohl für Eschweiler, da hier aufgrund eines rasanten Bevölkerungsanstiegs (1840: 7221 EW und 1890: 18062 EW) die sozialen Probleme besonders bedrückend waren. In einer alten Arbeiterkaserne der Fa. Hoesch entstand bis November 1891 das „Kreispflegehaus“ das zunächst 35 älteren Bewohnern Platz bot. 1894 wurde, ebenfalls in Eschweiler, eine Landwirtschaftsschule gegründet. Aber auch die Möglichkeiten der aufkommenden Elektrizität führten im Landkreis zu neuen Entwicklungen. Die 1894 aus der Aachen-Burtscheider Pferdeeisenbahn-Gesellschaft entstandene „Aachener Kleinbahn-Gesellschaft“ (AKG) konnte aufgrund eines neuen Kleinbahngesetztes mit dem Ausbau eines Streckennetzes beginnen. Da Landrat von Coels den Wert der Kleinbahn „für die Hebung der Wohlfahrt des Kreises und seiner Angehörigen“ erkannt hatte setzte er sich persönlich für den Streckenausbau ein und sorgte dafür, dass der Landkreis das nötige Baukapital beschaffte und der AKG damit die Möglichkeit verschaffte 1895 mit dem Bau der Strecke von Haaren über den  Kaninsberg nach Würselen und Bardenberg zu beginnen. Außerdem wurde die Gemeinde Eilendorf angeschlossen.

Am 1. September 1899 brannte am Markt in Kohlscheid die erste elektrische Glühbirne im Landkreis Aachen. Möglich machte dies die gerade eingerichtete Energiezentrale der Berliner Firma Gieldzinski, die am 21. März 1900 in der „Rheinischen Elektricitäts- und Kleinbahnen Aktiengesellschaft (REKA) aufging. Die REKA schloss mit fünf und später neun Landgemeinden des Landkreises einen Vertrag über die Lieferung von elektrischem Strom für Beleuchtungs- und Antriebszwecke und war für den Bau und Betrieb der elektrischen Kleinbahnen von Aachen über Laurensberg, Richterich, Kohlscheid, Pannesheide und Kerkrade nach Herzogenrath verantwortlich.

Zum 01. April 1897 wurde die erste große gebietsrechtliche Veränderung des Landkreises seit seiner Gründung wirksam. Das Gebiet der Kreisstadt Burtscheid wurde ausgekreist und der Stadt Aachen einverleibt. Damit stand das Landratsamt nach nur wenigen Jahren wieder auf Aachener Stadtgebiet.

Vor der Jahrhundertwende tauchten im  Aachener Land die ersten „Motorwagen“ auf, die aufgrund  ihrer Schnelligkeit und Lautstärke den Unmut der Einwohner auf sich zogen. In einer vom Oberpräsidenten der Rheinprovinz erlassenen „Polizeiverordnung betreffend den Verkehr mit Kraftfahrzeugen“ vom 1. Juli 1901 wurden dann erste Vorschriften über die Beschaffenheit und Ausrüstung von Kraftfahrzeugen herausgegeben. Im Landkreis waren 1902 acht Kraftfahrzeuge offiziell zugelassen.   

 

 

 

 

 

 

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