Breadcrumb
StädteRegion Aachen. Schülerinnen und Schüler der Maria-Montessori-Gesamtschule aus Aachen und der Waldschule Eschweiler haben jetzt im Rahmen des Projektes „Ziemlich beste Freunde“ des Bildungsbüros der StädteRegion Aachen zwei Kriegsgräberstätten besucht. Dabei wurden der amerikanische Ehrenfriedhof in Henri-Chapelle (B) und der Ehrenfriedhof im Aachener Waldfriedhof zu Lernorten. In dem Projekt aus dem Bereich historisch-politische Bildung geht es darum, wie Krieg junge Menschen im Dreiländereck zu Feinden gemacht hat, die in Friedenszeiten beste Freunde hätten sein können.
Beim amerikanischen Ehrenfriedhof in Henri-Chapelle (B), einer Kriegsgräberstätte für die gefallenen Soldaten der US-Armee des Zweiten Weltkriegs, setzten sich die Jugendlichen mit Biografien der dort beerdigten Soldaten auseinander. Besonders eindrücklich war der Austausch über das junge Alter der Gefallenen, die oft nicht viel älter als die Schülerinnen und Schüler selbst waren, als sie ihr Leben verloren. Beim Ehrenfriedhof auf dem Aachener Waldfriedhof, wo sowohl Soldaten als auch zivile Opfer des Ersten und Zweiten Weltkriegs ruhen, gab es Informationen zu Kriegsgräberstätten und wie sie entstanden. Dabei ging es darum, wie sich der Blick auf Kriegsopfer im Laufe der Zeit wandelt – angefangen bei Soldaten über zivile Opfer bis hin zu Deserteuren und Opfern der NS-Verbrechen. Die Jugendlichen setzten sich intensiv mit komplexen Fragen auseinander: Wo verläuft die Grenze zwischen Opfern und Tätern? Welche unterschiedlichen Perspektiven gibt es in der Art, in der verschiedene Nationen sich an den Krieg erinnern?
Das Projekt wird durch die StädteRegion Aachen, das Amerika Haus NRW e.V. und den Volksbund deutscher Kriegsgräberfürsorge e.V. unterstützt. Ein zentrales Thema war die Frage, wie wir als Gesellschaft in dieser Region der Welt an Krieg und Frieden gedenken und wie wir Brücken zwischen unterschiedlichen Erinnerungskulturen schlagen können. „Das ist in dem Projekt gut gelungen“, so Jo Siemon vom Bildungsbüro der StädteRegion Aachen: „Was wir in dieser Exkursion erlebt haben, geht weit über das einfache Besuchen von historischen Stätten hinaus. Es geht um das Erleben und Verstehen der Geschichte aus verschiedenen Perspektiven und um die Frage, wie wir als nachkommende Generationen Verantwortung für den Frieden übernehmen können. Dieser Austausch hat uns gezeigt, wie wichtig es ist, über die Grenzen hinweg zusammenzudenken und zu verstehen, dass Erinnerung eine Aufgabe für uns alle ist.“
Bei einem zweiten Projekttag lernten die Schülerinnen und Schüler Terry Mandel kennen. Ihre Mutter musste als junges Mädchen aus Deutschland fliehen, um der Naziherrschaft zu entkommen. Sie teilte ihre persönlichen Erfahrungen als Tochter einer Zeitzeugin mit den Jugendlichen und eröffnete einen intensiven Dialog über das Thema „Erinnern und Schweigen“ in Familien und Gemeinschaften. Außerdem bot sie unterschiedliche Anknüpfungspunkte zur Lebenswelt der jungen Teilnehmenden. Besonders bewegend war der Austausch über die Bedeutung von Familienerinnerungen und das individuelle und kollektive Gedenken an die Schrecken der Judenverfolgung, denn in der Begegnung kam raus: nicht nur Terrys Familie hatte viele Jahre über die Familienerinnerung geschwiegen, sondern auch kaum einer der Teilnehmenden kennt die eigene Familiengeschichte. „Thanks for sharing”, meldete eine Teilnehmerin zurück und ein anderer ergänzt: „This inspired me to find out more about my family history.”
Vier der Jugendlichen haben ihre Erfahrungen aus dem Projekt in die Gestaltung der Gedenkveranstaltung zum Volkstrauertag am Waldfriedhof in Aachen eingebracht. In ihren bewegenden Worten spiegelte sich das Verständnis für die Bedeutung von Erinnerung und die Verantwortung, die heute bei uns liegt, wider: „Hinter jedem Grabstein, den wir in Henri-Chapelle gesehen haben, steht eine Geschichte. Und jede dieser Geschichten hat dazu beigetragen, dass wir 62 Jahre später in ein friedliches Deutschland, ein friedliches Europa hineingeboren wurden. Viele dieser Geschichten endeten viel zu früh, mit 17, 18 oder 19 Jahren. Deshalb ist es so wichtig, den Frieden zu bewahren und dafür zu sorgen, dass wir niemals wieder einen Soldatenfriedhof errichten müssen.“
Dieses Projekt zeigt, dass Erinnern kein Selbstzweck ist. Es geht darum, Verantwortung für die Werte unserer Gesellschaft zu übernehmen – für Demokratie, Freiheit, Respekt und vor allem für den Frieden. Die Schülerinnen und Schüler, die sich intensiv mit der Erinnerungskultur in der Euregio auseinandergesetzt haben, sind ein lebendiges Beispiel dafür, wie die junge Generation ihre Verantwortung für den Erhalt des Friedens und der Demokratie in Europa wahrnimmt. Das Projekt „Ziemlich beste Freunde“ wird auch im kommenden Jahr fortgesetzt, um weiterhin einen Raum für den interkulturellen Austausch und das Gedenken an die Opfer von Krieg und Gewalt zu schaffen.
Kontakt
Öffentlichkeitsarbeit
Zollernstraße
10
52070
Aachen
Tel: +49 241 5198-1300
Fax: +49 241 5198-81300
pressestelle@staedteregion-aachen.de