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Pütz 1920-1928

Hermann Josef Pütz

 

*17. Juni 1878 Düsseldorf +12. April 1928 Aachen

 

Partei: Zentrum

 

Reifeprüfung Ostern 1901, Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Tübingen, Berlin und Bonn 
9.3.1905 Gerichtsreferendar (Vereidigung), 10.7.1910 Gerichtsassistent,

 informatorische Beschäftigung bei der Kommunalverwaltung Altenessen,

1.3.1911 juristischer Hilfsarbeiter bei der Kommunalverwaltung Altenessen

 6.1.1913 besoldeter Beigeordneter der Bürgermeisterei Altenessen,

14.7.1914 Bürgermeister von Bergisch-Gladbach (Wahl),

3.5.1920 Landrat des Landkreises Aachen (Wahl),

5.7.1920 Dienstantritt als kommissarischer Landrat,

26.11.1920 definitive Bestallung,

am 12.04.1928 im Dienst verstorben

 

Landrat des Landkreises Aachen 26.11.1920 bis 12.04.1928

Besonderheiten:

Am 3. Mai 1920 trat der Kreistag zusammen um einen Nachfolger für den verstorbenen Landrat von Pastor zu wählen. Einstimmig entschied man sich für den von der Zentrumspartei vorgeschlagenen Hermann Josef Pütz aus Bergisch-Gladbach. Landrat Pütz war ein tatkräftiger Mann mit Visionen.

Seine Tatkraft stellte er bereits im Hungerjahr 1920 unter Beweis und sicherte sich damit große Sympathien innerhalb der Kreisbevölkerung. Er reklamierte das Recht der Notwehr auch für die Kreisverwaltung und machte sich „mit oder ohne Genehmigung der verantwortlichen Zentralstellen“ ohne Pass auf den Weg ins Ausland und brachte 125 mit Kartoffeln beladene Waggons ins Kreisgebiet, die er der hungernden Bevölkerung zur Verfügung stellte. Seine Visionen zeigten sich besonders bei den Vorstellungen zur  Siedlungsentwicklung im Landkreis. So legte er bereits nach wenigen Monaten im Amt ein ehrgeiziges Wohnungsbauprogramm vor und forcierte die Aufstellung eines Kreissiedlungsplans. Danach richtete er den Blick nach Innen und stellte die Kreisverwaltung organisatorisch neu auf. Diese Umstrukturierung war so erfolgreich, dass das Landratsamt Aachen bald als „Musterverwaltung“ in der Rheinprovinz galt.

Im Inflationsjahr 1923 druckten Kreis und Stadt Aachen gemeinsames Notgeld und im Oktober 1923 geriet der Landkreis Aachen in die reichsweiten Zeitungen. Am 21. Oktober besetzten Separatisten die wichtigsten öffentlichen Gebäude im Aachener Stadtgebiet, darunter auch das Landratsamt an der Zollernstraße und das Regierungsgebäude. Da die Nahrungsmittel knapp waren kam es zu Ernteplünderungen und Hungerkrawallen. Landrat Pütz versuchte mit der Ausgabe von Lebensmittelgutscheinen die Lage in den Griff zu bekommen. Der Gestaltungswille des ersten „modernen“ Landrates konnte durch die schwierigen Umstände im Landkreis und im gesamten Rheinland jedoch nicht erdrückt werden. Wie die meisten seiner Vorgänger war auch Pütz davon überzeugt, dass durch wirtschaftliche Beteiligungen der Einfluss des Landkreises gesteigert werden konnte und dieser Gestaltungsgewinn zum Wohle der Kreisbevölkerung genutzt werden konnte. So beschloss der Kreistag unter Landrat Pütz weitere Anteile an Versorgungsunternehmen und an Unternehmen des Nahverkehrs zu erwerben, außerdem wurden Beteiligungen am Kraftwerk Zukunft in Weisweiler, an der Braunkohlenindustrie Zukunft und an der Aachener Kleinbahn erworben. Weiter ausgebaut wurden das Wasserwerk des Landkreises sowie die Kreissparkasse. Auch im sozialen Bereich entstanden wichtige Einrichtungen. Bereits Mitte Mai 1920 hatte der Landkreis ein Kindererholungsheim in Süßendell (Gemeinde Gressenich) eröffnet um „erholungsbedürftige, schwächliche, unterernährte und Tuberkulose gefährdete Jungen und Mädchen im Alter von 6 bis 15 Jahren aufzunehmen. Am 21. Dezember 1921 wurde die erste Verwaltungsbeamtenschule für den Landkreis und die angehörigen Gemeinden ins Leben gerufen. 1922 wurde eine Berufsfeuerwehr für den Landkreis Aachen ins Leben gerufen, die den Feuerschutz gemeinsam mit den bestehenden freiwilligen Feuerwehren im Landkreis wirksamer gestalten sollte. Die Hauptstelle mit Fuhrpark wurde in Würselen eingerichtet. 1924 wurde aufgrund des Reichsgesetzes für Jugendwohlfahrt das Kreisjungendamt Aachen-Land eingerichtet, das für die kleineren Landgemeinden zuständig war. Im September 1925 richtete der Landkreis ein Frauenerholungsheim in Rolandseck am Rhein (heute Landkreis Ahrweiler) ein. Diese soziale Einrichtung ermöglichte es erholungsbedürftigen Müttern aus den kreisangehörigen Kommunen unentgeltlich eine sechswöchige Kur zu absolvieren. Unter Landrat Pütz reiften ebenfalls Pläne ein Kreiskrankenhaus zu errichten. Mit großem Interesse förderte Landrat Hermann Josef Pütz auch das Reitturnier in der Gemeinde Laurensberg. Das erste größere Nachkriegsrennen des „Rennvereins Laurensberg-Richterich“, der sich 1923 in „Aachen-Laurenberger Rennverein“ umbenannte, fand am 2. Juli 1921 auf der Rennbahn Haus Linde bei Aachen statt. Bei diesem Rennen trat Landrat Pütz als Mitglied des Ehrenausschusses auf. 1924 war es Landrat Pütz, der dem jungen ALRV, der in schwierigen finanziellen Verhältnissen steckte, großzügig zur Seite stand. So setzte sich Landrat Pütz dafür ein, dass der Landkreis Aachen für das Turnier 1925 5000 Mark zur Verfügung stellte. Außerdem übernahm der Landkreis die Finanzierung der Tribüne, stiftete einen Preis und übernahm die Kosten für die Drainage der neuen Rennwiese. Die Rennwiese wurde in der Soers (Gemeinde Laurensberg) angelegt, dort wo noch heute das Gelände des ALRV verortet ist. Als Dank für seine Verdienste  um den Aachen-Laurensberger Rennverein verlieh ihm der Verein die Ehrenmitgliedschaft. Die unter Landrat Pütz und in geringerem Maße bereits durch seinen Vorgänger von Pastor eingeleitete Verknüpfung des Landkreises mit dem Pferdesport hält bis heute an, der Landrat Pütz-Gedächtnispreis ging in die Annalen ein und wird seit 2009 als "Preis der StädteRegion Aachen in memoriam Landrat Hermann-Josef Pütz" weiterhin ausgelobt.

Die Wirkungszeit des tatkräftigen und weitsichtigen Landrates Pütz im Aachener Kreishaus war jedoch auf weinige Jahre begrenzt, nach knapp 8 Jahren im Amt starb Pütz am 12. April 1928 in Aachen. 

Ansprechpartner/-innen

Pütz 1920-1928

Herr Jan Pontzen
Tel: +49 241 5198-2162
jan.pontzen@staedteregion-aachen.de
Raum: F 064