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StädteRegion Aachen/Brüssel: Die StädteRegion Aachen, die Gemeente Maastricht (NL), die Stadt Wiltz (L) sowie neun natürliche Personen und zwei Unternehmen (Weiss-Druck aus Monschau sowie die Aachener Verlagsgesellschaft) haben heute (22.12.2016) in Brüssel eine Klage gegen den Weiterbetrieb von Tihange2 auf den Weg gebracht. Die Klage richtet sich gegen den Belgischen Staat, die Föderalagentur für Nuklearkontrolle (FANK) sowie den belgischen Stromversorger und Betreiber der Atomkraftanlage Engie Electrabel S.A. Sachlich zuständig für diese Klage ist das Gericht der ersten Instanz in Brüssel.

Die Kläger fordern die Stilllegung des Kernkraftwerks Tihange 2 und begründen dies mit der persönlichen Betroffenheit im Falle eines schweren Atomunfalls.

Die Kernargumente lauten, vereinfacht, wie folgt:

 

  • Die belgischen Behörden haben nicht alle Anstrengungen unternommen,  die erforderlich und geboten sind, die Bevölkerung und die Umwelt vor den Folgen eines nuklearen Unfalls zu schützen.
  • Sie verstoßen damit gegen belgisches und europäisches Recht.
  • Hierzu zählt das europarechtliche Vorsorge- und Sorgfältigkeitsprinzip. Danach darf eine potenziell gefährliche Anlage wie ein Kernkraftwerk nur betrieben werden, wenn dessen Sicherheit hinreichend bewiesen ist. Wissenschaftliche Unsicherheiten, beispielsweise wie sich die gefundenen Risse im Reaktordruckbehälter im Störfall auswirken, stehen einem Weiterbetrieb entgegen.
  • Die FANC hat vor Erlass der Wiederinbetriebnahmegenehmigung im November 2015 den Sachverhalt nicht ausreichend geprüft. Die durchgeführten Untersuchungen sind unvollständig, methodologisch lückenhaft und beruhen teilweise auf falschen Berechnungsmodellen. 

Sofern das Gericht der Forderung nach einer Stilllegung nicht folgt, wird nachrangig beantragt, gegenüber Electrabel anzuordnen, den Betrieb von Tihange 2 zumindest solange stillzulegen, bis alle Sicherheitsfragen rund um Tihange 2 geklärt sind, insbesondere die Ursachen für die Risse und die Folgen dieser Risse unter „atypischen“ Umständen, das heißt in einem Krisenfall.

Die neun natürlichen Personen machen eine persönliche Betroffenheit geltend und klagen wegen einer Gefährdung von Leib, Leben und Gesundheit, die nach ihrer festen Überzeugung von Tihange 2 ausgeht. Im Einzelnen sind dies: Frau Ulla Thönnissen (Aachen), Herr Martin Peters (Stolberg), Herr Werner Krickel (Monschau), Frau Ingrid von Morandell (Würselen), Herr Georg Karl Helg (Aachen), Herr Uwe Löhr (Stolberg), Herr Frank Schalge (Stolberg), Frau Jolanda Marianne Kadijk (Maastricht) und Frank Arndt (Luxemburg). Darüber hinaus sehen sich die klagenden Unternehmen insbesondere in ihren Eigentumsrechten beeinträchtigt. Vertreten werden die Kläger durch Tim Vermeir und Tinne Van der Straeten (blixt – Rechtsanwälte) in Brüssel.

Studie bestätigt starke Betroffenheit der DreiländerRegion Aachen im Falle eines Super-GAUs

Im Oktober hat die StädteRegion Aachen eine Studie des Wiener Instituts für Bodenkultur vorgestellt, die mögliche radiologische Auswirkungen bei einem Versagen des Reaktordruckbehälters im KKW Tihange 2 für die DreiländerRegion Aachen unter 3000 verschiedenen realen Wetterbedingungen analysiert.

Demnach würde mit 30-prozentiger Wahrscheinlichkeit in der Region der Grenzwert für die effektive Dosis zum Schutz von Einzelpersonen um das Dreifache überschritten, der für den Normalbetrieb von Anlagen zulässig ist (=1 Millisievert). Dieser Wert ergibt sich aus der Strahlenschutzverordnung. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Aachener Region von einem radioaktiven Niederschlag betroffen wäre, der in Tschernobyl zur Umsiedelung führte, liegt bei 10 Prozent!

Bei ungünstiger Wetterlage wären die Auswirkungen in dieser Region mit den Städten innerhalb der 20-Kilometer-Sperrzone von Fukushima vergleichbar. Doch nicht nur die DreiländerRegion Aachen, sondern weite Teile des Bundesgebietes, der Niederlande, Belgiens und Luxemburgs wären von der Katastrophe betroffen.

Aachener Bevölkerung fürchtet einen Super-GAU in Tihange

Genau vor einem Jahr (22.12.2015) hatten rund 2.000 Menschen in Aachen für die Sofortabschaltung der belgischen AKW in Tihange demonstriert. Anlass war die Wiederinbetriebnahme des rissigen Reaktorblocks Tihange 2. Zuletzt waren am 12. November 2016 rund 25.000 Menschen im Aachener Tivoli zusammengekommen, um ein Zeichen gegen Tihange zu setzen.

Klage vor dem Staatsrat läuft seit Februar – Kläger repräsentieren 23 Millionen Menschen!

Die StädteRegion Aachen hat schon am 5. Februar 2016 eine Klage vor dem Staatsrat eingereicht. Dieser Klage haben sich zwei deutsche Bundesländer (Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz) und über 100 Kommunen aus Luxemburg, den Niederlanden und Deutschland angeschlossen. Sie repräsentieren über 23 Millionen Menschen!

Die Klage wird derzeit von einem „Auditor“ (vergleichbar mit einem Staatsanwalt) untersucht, der den Sachverhalt sowie die von den Parteien geltend gemachten Argumente untersucht, zusammenfasst und seine Beurteilung in einem ausführlichen und begründeten Bericht niederschreibt. Als Schlussfolgerung formuliert er einen Vorschlag über die Lösung in der Sache. Es gibt keine Frist hierzu.

Dieser Bericht wird dann zur Kenntnis der Partei gebracht, der der Auditor Unrecht gibt. Diese Partei hat dann wiederum Gelegenheit, binnen 30 Tagen einen letzten Schriftsatz mit ihren Argumenten gegen diese Beurteilung vorzulegen. Danach (innerhalb einiger Monate) wird die Sache in öffentlicher Sitzung untersucht. Die Verhandlung vor dem Staatsrat erfolgt hauptsächlich schriftlich. Nach Beratung entscheidet der Staatsrat (innerhalb einiger Monate) in einem begründeten Entscheid endgültig über die Streitsache.

Rechtsanwalt Tim Vermeir von der Brüsseler Kanzlei Blixt rechnet damit, dass der Auditor seine Beurteilung innerhalb der ersten Jahreshälfte 2017 abgibt. 

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